195 mV Zelldifferenz: XP-Akku auf dem Weg zum Garantiefall?

  • Am 15.09. habe ich wieder eine Kalibrierungsladung von 2 – 100% SoC incl. Ausgleich gemacht. Diesmal habe ich interessehalber alles per Diagnosetablet mit Dutzenden PDF-Datenschnappschüssen aller BMS-Daten untersucht, einschl. dem Runterfahren von 25 auf 2% SoC direkt vor der Kalibrierungsladung. Das auffälligste Ergebnis ist der Verlauf der Zellspannungsdifferenz zwischen stärkster und schwächster Zelle im Bereich unterhalb 10% SoC, mit dem Spitzenwert von 195mV im Stand ohne Ladestrom (rote Kurve, die Punkte markieren die gespeicherten PDFs):


    250915_KaliLadung.jpg


    Die Platinentemperaturen beginnen irgendwo zwischen 90 und 97% SoC stark anzusteigen und zeigen, daß in diesem Bereich der aktiv geregelte Ladungsausgleich zwischen den Einzelzellen beginnt.


    Die Zelldrift erinnert mich an die Videos über einen Kia EV6, dessen gravierende Akkuprobleme laut Aviloo-Test auf eine defekte Zelle zurückzuführen waren:

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    Insgesamt betrug die Zelldrift des defekten Akkus bei 9%SoC schon 240mV:

    Akkureparatur_Kia_EV6_Aviloo_vorher_nachher - Kopie.JPG


    Das ist noch erheblich schlimmer als bei meinem Akku mit 2% SoC, aber nach der Reparatur bei 111Tkm ist die Kia-Zelldrift mit 40mV bei 6% SoC ca. auf dem gleichen Level wie bei meinem Akku mit nicht mal 10Tkm!

    Bisher zeigt mein Akku nicht die Probleme des Kia mit deutlich verringerter Ladekapazität (55 statt 72 kWh / 1. Video bei 0:58 min) und extremer Reduktion der Motorleistung schon bei 7% SoC (1. Video ab 4:23 min).

    Aber: Vor anderthalb Jahren betrug die Zelldrift meines Akkus bei 2% SoC im Stand nur 50mV (damals hatte ich nur ganz wenige PDFs gespeichert), also rund 1/4 der aktuellen 195mV.


    Der Unterschied zum Kia scheint mir zu sein, daß Aviloo konkret 1 (defekte) Zelle als Ursache des Kapazitätsverlustes benannt hat, aber es sich beim XP eher um eine Fertigungsstreuung quer durch alle 104 Zellen handeln könnte.

    Wie ich darauf komme?

    Angenommen, 103 der 104 Zellen meines Akkus hätten bei 2% Gesamt-SoC die Maximalspannung von 3.252V, und nur eine Zelle die Minimalspannung 3.057 Volt: das ergibt in einer Reihenschaltung eine Akkuspannung 338,01 Volt. Das BMS meldete bei 2% SoC aber nur 330V Akkuspannung (Zeilen 32, 41 und 42):

    2025-09-15_09-37-00_bms_leerfahren2%soc.pdf

    330V Akkuspannung könnten z.B. aus einer Reihenschaltung von 62 Zellen mit 3.252V und 42 Zellen mit 3.057V entstehen, oder bildlich aus je einer Wolke mit niedrigeren und höheren Zellenspannungen als der mittleren Zellspannung von 330V / 104 = 3,173V. Auch die Minimal- und Maximalspannungen der Module AFE01 bis AFE09 im PDF deuten darauf hin, daß die Wolken-Vermutung eher paßt ist als 1 stark defekte Zelle.


    Im Moment bin ich wieder froh, daß ich den XP geleast statt gekauft habe. Denn so kann ich ihn im November 2027 wieder zurückgeben, ohne irgendwann endlos Nerven z.B. in IMO absehbare Garantiestreitigkeiten rund um den Akku zu investieren.

    Meine Optimalvorstellung, den XP aus dem Leasing herauszukaufen, wenn er in den 4 Jahren keine ernsten Probleme zeigt, ist anhand der aktuellen Akkudaten und meiner Vermutung der weiteren Degradation praktisch geplatzt. Trotzdem werde ich die restliche Leasingzeit nutzen, um weitere Daten zum Akkuzustand zu sammeln und hier zu posten.


    Falls jemand von Euch die Zelldrift seines Akkus checken will, braucht er dafür mindestens eine App a la Carscanner samt Dongle, oder ein Werkstatt-Diagnosetool, das den MG4 unterstützt. Ich fände es jedenfalls interessant, Vergleichsdaten anderer MG4 zu sehen.

    Gruß Ulf


    MG4 XPower MY23 in Brighton Blue, gebaut Juli 23, 4-Jahres-Leasing seit Nov.23, R46 mit Tempomat (Frontradar)-Update :)

    Akku-SoH laut DIY-Reichweitentest: 99,74% bei 9.380 km

    Einmal editiert, zuletzt von ulf ()

  • Hi


    bei sehr niedrigen SoC ist mMn eine hohe Zelldifferenz durchaus zu erwarten. Die Zellen brechen bei so niedrigen SoC relativ stark ein und wenn da eine dabei ist die nur einen Tick schwächer ist, rutscht die gleich gewaltig runter und es entsteht eine hohe Differenz. Solang bei >10% SoC (bei verschieden Belastungen!) die Differenz im Rahmen ist, hätte ich da keine großen bedenken das ein Problem vorliegt.


    Gruß Chris

  • Die Zellen brechen bei so niedrigen SoC relativ stark ein

    Das kann ich noch nachvollziehen.

    Aber was sagst Du denn zur Fast-Vervierfachung der 2%SoC-Zelldrift innerhalb von ~ anderthalb Jahren? Ist sowas auch zu erwarten?

    Gruß Ulf


    MG4 XPower MY23 in Brighton Blue, gebaut Juli 23, 4-Jahres-Leasing seit Nov.23, R46 mit Tempomat (Frontradar)-Update :)

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  • Hmm, hi Ulf, also dein Tablet kann dir nicht anzeigen, welche Spannungen die Einzelzellen haben? Das ist schade.

    Weil eine so hohe Imbalance halte ich - ungeachtet des SoC - für zumindest ungewöhnlich. Hatte ich z.B. beim Tesla noch nie, auch nicht am DC Schnelllader bei 5% und voller Ladeleistung. Ab 100 mV Imbalance gilt bei Tesla als defekt. Glücklicherweise kann ich an der Karre jeden Zellenblock auslesen, bei nahezu allen Ausfällen handelt es sich um ein bis zwei Zellen(blocks) 96s46p. Auch wenn deine Theorie mit den größeren Paketen zutrifft, die in Reihe deutliche Unterschiede aufweisen (beispielsweise aus unterschiedlichen Batches), ist das nicht unbedingt besser.

    Also mindestens aufmerksam beobachten…

    Ich halte die Daumen, dass der Akku durchhält!

    MG4 Luxury Pebble Black MY22 seit 02/2023 (R46)

    Tesla Model 3 LR (2019) seit 05/2023

  • Ab 100 mV Imbalance gilt bei Tesla als defekt.

    Hat aber Tesla nicht in jeder "Spannungsstufe" (der Serienschaltung zum Erreichen der 400V) etliche Rundzellen parallel geschaltet? Wenn in so einer Parallelgruppe mal 1 Zelle schwächelt, bricht ja nicht zwangsläufig die Spannung der ganzen Gruppe so deutlich zusammen, als wenn die "Gruppe" a la MG4 nur aus 1 Zelle besteht...?

    Gruß Ulf


    MG4 XPower MY23 in Brighton Blue, gebaut Juli 23, 4-Jahres-Leasing seit Nov.23, R46 mit Tempomat (Frontradar)-Update :)

    Akku-SoH laut DIY-Reichweitentest: 99,74% bei 9.380 km

    Einmal editiert, zuletzt von ulf ()

  • Bei meinem Standard mit LFP sind es zwischen 3 und 5mV.

    Wie das bei 10% ausssieht muß ich nochmal schauen. Meine aber das das hier nicht deutlich mehr ist.



    Greetz


    Cap

    MG4 Standard Medal Silver, Softwareversion MCU: 69.3.5.0, Software-Version-Mikroprozessor: SWI69-29958-1100R21

  • at aber Tesla nicht in jeder "Spannungsstufe" (der Serienschaltung zum Erreichen der 400V) etliche Rundzellen parallel geschaltet? Wenn in so einer Parallelgruppe mal 1 Zelle schwächelt, bricht ja nicht zwangsläufig die Spannung der ganzen Gruppe so deutlich zusammen, als wenn die "Gruppe" a la MG4 nur aus 1 Zelle besteht...?

    Ja, es sind 96 „Zellblöcke“ mit je 46 Stück 2170er Rundzellen. Wenn nur eine Zelle innerhalb des Blocks schwach wird, geht der noch nicht gleich in die Knie - aber mit der Zeit wird das dann auch die anderen Einzelzellen im Block mehr belasten. Ist dann die Differenz der Blöcke größer als 100 mV, gibt es eine Warnung und meist darauf einen Akkutausch…

    Klaro, sind ganz andere Akkus, aber grade so grosse Imbalance würde mich schon misstrauisch machen. Und halt wie der Doktor sagt, sorgfältig beobachten…

    MG4 Luxury Pebble Black MY22 seit 02/2023 (R46)

    Tesla Model 3 LR (2019) seit 05/2023

  • Das Problem wird eher das zu beweisen. Bei meinem Leaf ist auch bei kalten Temperaturen auch eine Zelle abgeschmiert. Da war das Delta aber "nur" 180mV. Das reichte aber schon um den Wagen von 25% zur Schildkröte zu bringen, wenn es steiler bergauf ging.


    Trotz eindeutigen Screenshots aus Leafspy hat sich Nissan und die Werkstatt blöd gestellt. Die haben einfach den Wagen auf 100% geladen und mich gefragt was ich eigentlich will. Da waren nur 8mV am Display.


    Man konnte nur unter Last live sehen, das die eine Zelle in den Keller driftet. Das Display im Auto zeigte aber nach wie vor alle Akkustriche an.


    Da es für den Mg4 keinen Aviloo-Test gibt, wird das sehr schwer zu beweisen sein. Glaube kam das MG kulanter als Nissan ist.

    - MG4 Trophy Extended Range 04/2024 - Andes Grey - R63

  • Ich denke, dass die 200 mV Spreizung bei sehr niedrigen SoC (<5%) noch kein Indiz für ein großes Problem sind.

    Es ist ja so, dass immer die schwächste Zelle den insgesamt möglichen Ladehub bestimmt.

    Wenn nun am obene Ende alle Zellen ausbalanciert werden, haben dort alle Zellen fast die gleiche Spannung.

    Beim Entladen sinken dann beim LFP-Akku die Spannungen erst mal mehr oder weniger gleichmäßig, weil LFP eine weitgehend sehr flache Spannungskurve hat.

    Erst bei niedrigen SoC kommt dann die schwächste Zelle zuerst in den steilen Bereich der Spannungskurve, so dass sie viel schneller Spannung verliert, als die anderen.

    Bei der typischen LFP-Kurve kann der Unterschied zwischen 2% an der schlechtesten Zelle (was den Gesamt-SoC bestimmt) und 5% an der besten Zelle schon 200 mV ausmachen, siehe folgende Kurve:

    pasted-from-clipboard.png

    Es kann auch sein, dass viele Zellen "gleich schlecht" sind und gemeinsam in den steilen Kurvenbereich kommen, und nur eine Zelle außerordentlich gut ist und noch vor dem "Abgrund" steht.

    Das erklärt dann die insgesamt niedrige Akkuspannung bei niedrigem SoC.

    Also ist das "Problem" vielleicht eher eine besonders starke bzw. "gesunde" Zelle?

    Bei meinem ID.3 wurde mal ein Modul getauscht, und man sieht in den Zellspannungen heute noch, dass dieses Modul wesentlich besser ist als die alten und bei niedrigen SoC deutlich höhere Spannungen hat. Aber es handelt sich dabei um einen NMC-Akku, und die Spannungskurve ist da insgesamt etwas gleichmäßiger fallend, so dass hier die Differenz trotzem deutlich unter 100 mV liegt..

    Fahre noch einen geleasten ID.3, könnte wahrscheinlich ab März 2026 ein MG4 Luxury werden. Suche hier also Infos und Tipps.

    3 Mal editiert, zuletzt von Elektroniker ()

  • Man konnte nur unter Last live sehen, das die eine Zelle in den Keller driftet. Das Display im Auto zeigte aber nach wie vor alle Akkustriche an.
    Da es für den Mg4 keinen Aviloo-Test gibt, wird das sehr schwer zu beweisen sein.

    Die 195mV bei meinem XP waren ja im Stand gemessen (erkennbar an dem geringen Akkustrom im PDF; bei Vollstrom zieht der XP bis über 800A aus dem Akku).

    Mein Diagnosetablet kann auch Live-Daten unter Last aufzeichnen: Z.B. Akkustrom, SoC, minimale und maximale Zellspannung und ggf. -temperaturen sollten als Beweis ausreichen.

    Leider kenne ich keine Möglichkeit, die Daten in einem gängigen Format (z.B. .csv) zu exportieren, so daß ich die Aufzeichnung einem MG-Techniker vorspielen müßte.

    Vermutlich würde sich MG dann hinter der Garantieschwelle "70% SoH nach 7 Jahren oder 140Tkm" verschanzen und alle Ansprüche abzuwehren versuchen, solange der ausgelesenen SoH über 70% liegt :(

    Aber bisher macht mein Akku beim Fahren ja keine ungewöhnlichen Zicken, wie z.B. im Kia -Video im Startpost.

    Gruß Ulf


    MG4 XPower MY23 in Brighton Blue, gebaut Juli 23, 4-Jahres-Leasing seit Nov.23, R46 mit Tempomat (Frontradar)-Update :)

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